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Regierungsrat Rathgeb, die heilige Kunigunde und eine Dächlikappe

08.07.2014

Regierungsrat Rathgeb, die heilige Kunigunde und eine Dächlikappe

Susi Senti aus Chur ist 70 und topfit. Sowohl geistig als auch körperlich. Anfang Juni hat sie den Master of Arts in Kunstgeschichte an der philosophischen Fakultät der Uni Zürich absolviert – zum Thema "Die Sichtbarkeit eines heiligen Kaiserpaars. Heinrich II und Kunigunde in Basel." 13 Jahre lang hatte sie zuvor die bekannte Wochenzeitschrift Büwo produziert. In diesem Zusammenhang hat sie auch Leserreisen organisiert – etwa nach St. Petersburg. Ursprünglich hat sie in Bad Ragaz im Geschäft ihrer Eltern Fotografin gelernt. War als solche für das "Oberländer Tagblatt" tätig, wo sie mit Schreiben begann. Die mehrfache Grossmutter war Mitglied im Zonta Club Chur, ist immer noch bei den FDP-Frauen und "likes" Regierungsrat Christian Rathgeb. Ihr Erkennungszeichen ist eine Dächlikappe – die sie am Interviewtermin allerdings nicht trägt. Vielmehr wird man da hoch über Chur von einer Indermaur-Skulptur auf dem Balkon ihrer Wohnung empfangen. Eines ist klar: Kultur - und Kultiviertheit – ist wichtig im Leben der ehemaligen Journalistin.

Kultureller Austausch und nicht kompatible Computersysteme

Eigentlich findet sich Susi Senti für ein Porträt im Rahmen von Freiwilligenarbeit nicht geeignet. "Ich bin zwar bei Rent a Rentner angemeldet, aber für mein Angebot besteht in Graubünden offenbar kein Bedarf", mutmasst die aktive Rentnerin. Seit sie dabei sei – das sei nun doch schon ein paar Jahre – habe sie noch nie einen Auftrag in der Region erhalten. Da sie in den letzten acht Jahren aber ziemlich mit ihrem Studium beschäftigt gewesen sei – und ausserdem Kinderbetreuung für ihre Tochter übernommen hat – habe sie sich nicht besonders um einen Einsatz bemüht. Man muss vielleicht erwähnen, dass die umtriebige Frau immer irgendwie freiwillige Arbeit geleistet hat. Da gibt es zum Beispiel die Zeitschrift "res feminae", eine Zeitschrift von Migrantinnen für Migrantinnen. Sie hat die Frauen beim Aufbau der Frauenzeitschrift unterstützt und hilft weiterhin mit Öffentlichkeitsarbeit. Ein weiteres Feld von Freiwilligenarbeit ist die Beherbergung von Sängerinnen, die ein Engagement an der Oper Haldenstein haben. Alle zwei Jahre bringt die offene, vielseitig interessierte Seniorin eine Frau aus einem anderen Land in ihrem Gästezimmer unter und gibt so viel an kulturellem Wissen weiter – und nimmt sehr gerne solches auf. Sie hat auch schon mal eine junge Chinesin untergebracht, die an der HTW Englisch studiert hat oder eine Schauspielerin aus Berlin, die für die Churer Freilichtspiele engagiert war. Also damals mit der jungen Chinesin habe es schon kulturelle Schwierigkeiten gegeben. Zum Beispiel sei immer ihr Computer abgestürzt. Die junge Frau habe regelmässig ihrer Mutter geschrieben – das Computersystem sei mit den chinesischen Zeichen wohl überfordert gewesen. Und die Studentin habe nicht gewusst, wie die Dusche funktioniere – noch eine kulturelle Überforderung.

Keine Angst vor dem Facebook-Zeitalter                                                                     

Was die belesene Frau von Herzen gerne tun würde, wäre andere ältere Menschen ermutigen und darin unterstützen, sich an der Uni einem Studium zu widmen. Oder jemandem Gesellschaft leisten, der das Bedürfnis hat, geistig anspruchsvolle Gespräche zu führen. Sie selber wurde auch schon ermutigt, doch noch eine Doktorarbeit zu schreiben – daran mag die Hochschulabsolventin vorderhand nicht denken. "Zuerst will ich meinen Abschluss im September feiern", meint die Kulturbeflissene. Sie habe sich schon überlegt, nach Zürich zu ziehen. Hier in Graubünden sei sie mit ihrem Angebot halt schon etwas unpassend. Viele ihrer Altersgenossinnen würden nicht einmal einen Computer haben, weil sie sich vor der modernen Technik fürchteten – auch wenn sie intelligent seien. Sie kann auch nicht verstehen, wie man in der heutigen Zeit keinen Facebook-Account haben kann – das sei doch einfach etwas Lässiges. Sie werde sich jetzt, nach dem Studium, mehr darum kümmern, wie sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen an Gleichgesinnte weitergeben könne.

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